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Was zeigen IR-Gebäudeaufnahmen?

08.01.2010 Christoph Tanner, Architekt HTL/FH, Bauschadenexperte Thermografie Verband Schweiz

Wärmebilder zeigen Unsichtbares. Dank solchen Infrarotaufnahmen lassen sich thermische Schwachstellen in der Gebäudehülle erkennen und in begrenztem Rahmen können Aussagen zur Dämmqualität eines Bauteils gemacht werden.

Es ist Winter, es ist kalt. Jetzt haben die Thermografen wieder Hochsaison, denn viele Gebäudebesitzer wollen wegen zunehmendem ökologischem und ökonomischem Druck endlich einmal wissen, wie ihre Liegenschaft bezüglich Energieverbrauch dasteht. Sehr populär für eine energetische Analyse ist zur Zeit der GEAK® (siehe Kasten). Diese Methode ist eine ganzheitliche Analyse und zeigt dem Gebäudebesitzer, wo sein Gebäude bezüglich Energieeffizienz steht. Der GEAK® kann durch Wärmebilder (auch IR-Bilder oder Thermogramme genannt) unterstützt werden. Es gibt Fälle, in denen nur ein Thermografiebild verrät, dass zum Beispiel beim Übergang zum Dach schwerwiegende Luftleckagen vorhanden sind, die auch zu einem Bauschaden führen können.

Zweifelhafte IR-Aufnahmen

Einige Kunden und Energiefachleute haben aber auch schon zweifelhafte Erfahrungen mit IR-Bildern gemacht. Sei es, dass Fehlinterpretationen auf Grund übertriebener Bildeinstellungen gemacht wurden, oder dass gewisse Bewertungen oder Aussagen bauphysikalisch schlicht nicht nachvollziehbar sind. Eng verbunden mit der Qualität einer Thermografieanalyse ist natürlich der Zeitaufwand, um all die wesentlichen Randbedingungen bei Gebäudeaufnahmen gebührend beachten zu können (www.thech.ch, Downloads, QS-Richtlinien, TheCH Richtlinie für Bauthermografie). So ist es nicht verwunderlich, dass Fragen und Klagen zu Bildinterpretationen primär da auftauchen, wo der Aufwand und damit der Preis der IR-Dienstleistung gegen Null gehen.

Skalierung

Ein Kernthema für den Gebäudethermografen ist die Skalierung der IR-Bilder. Skalierung heisst: Festsetzen der oberen und unteren Temperatur auf dem Farbkeil (siehe Bilder). Je kleiner diese Temperaturdifferenz ist, desto höher ist die Bild-Empfindlichkeit, womit Schwachstellen stärker in Erscheinung treten. Es gibt bis heute aber keinerlei Normen oder Regelungen, die aussagen, wie intensiv eine Schwachstelle auf einem IR-Bild dargestellt werden soll. Deshalb kann der Thermograf je nach Einstellung aus Mücken Elefanten machen oder umgekehrt.

Vor allem wenn energierelevante Aussagen bzw. Hinweise zur Dämmqualität von Bauteilen abgegeben werden, sollten IR-Bilder von Gebäuden vergleichbar dargestellt sein, auch wenn die Temperaturverhältnisse bei den Aufnahmen unterschiedlich waren. Eine mögliche Methode für standardisierte Darstellungen wurde entwickelt (Qualithermo®) und wird zur Zeit im Rahmen eines Projektes des Bundesamtes für Energie (BFE) weiter untersucht und validiert.

Bedingungen für qualitativ gute IR-Aufnahmen

Wärmebilder eignen sich sehr gut für eine Zustandsanalyse der Gebäudehülle. Mehr und mehr werden sie aber auch bei Neubauten oder Sanierungen als Qualitätsprüfung bzw. als Abnahme verlangt, womit dann ein sichtbarer Beleg vorliegt.

Aber Vorsicht: Trotz den vielfältigen Möglichkeiten sind dem IR-Verfahren auch Grenzen gesetzt. Nicht nur spezielle Wetterbedingungen sind für gute Aufnahmen notwendig, sondern auch möglichst gleichmässige Innentemperaturen. Zudem sollte der Thermograf schon vor den Aufnahmen Informationen zur Gebäudekonstruktion einholen, denn nicht alle Materialien und Konstruktionen eignen sich gleich gut für Wärmebildanalysen. Für verschiedene Fragestellungen können auch IR-Innenaufnahmen sinnvoll sein, evtl. kombiniert mit weiteren Messmethoden (z.B. Lecksuche mit BlowerDoor).

Hoch im Kurs ist momentan der GEAK®  (GebäudeEnergieAusweis der Kantone). Er gibt Auskunft über den Energieverlust der Gebäudehülle, den gewichteten Gesamtenergieverbrauch (inkl. Warmwasser und Strom) und zeigt das Resultat mittels einer Energieetikette. Aber Achtung: Beim GEAK® sind keine Infrarotbilder inbegriffen, sondern nur erste, vereinfachte Sanierungsempfehlungen, die ein GEAK®-Experte aufgrund einer Gebäudebegehung und der Berechnung abgibt. Detaillierte Massnahmen zeigt erst ein Beratungsbericht auf.

Der Thermografie Verband Schweiz (www.thech.ch) gibt nun mit der 3. Auflage die vollständig überarbeitete Informationsbroschüre «Infrarotaufnahmen von Gebäuden» heraus. In 14 Kapiteln werden repräsentativ alle wesentlichen, thermischen Schwachstellen von Wohnbauten gezeigt, die mit Thermografie von aussen erkannt werden können. Diverse Grafiken zeigen die Problemstellen, und es werden Ursachen und Hintergründe erläutert. Der Anhang der Dokumentation liefert allgemeine Informationen zur Funktionsweise der Thermografie und zeigt Phänomene, die bei Bildbeurteilungen zu beachten sind. Aus der Dokumentation geht klar hervor, dass energetische Interpretationen zu IR-Gebäudeaufnahmen (dazu gehört z.B. eine Beurteilung: Dieses Bauteil ist gut oder schlecht gedämmt), wesentlich höhere Anforderungen an den Thermografen stellen, als wenn es nur darum geht, eine verputzte Riegelkonstruktion erkennen zu können. Autor: Christoph Tanner, dipl. Arch. HTL/FH, Vizepräsident Thermografie Verband Schweiz, Dokumentation A4, 63 Seiten (3. Auflage 11/2009), Preis: Fr. 60.– (thech-Mitglieder: Fr. 40.–).
Bestellungen: www.thech.ch