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Energiepreise: Wie geht es weiter?

01.02.2024 Stefan Aeschi Dipl. Architekt ETH/SIA DAS Wirtschaft FH Experte Bau- und Energietechnik beim HEV Schweiz

Die Strompreise stiegen im letzten Jahr markant, und auch 2024 ist keine Trendwende in Sicht – mit wenigen Ausnahmen. Zudem sind die lokalen Unterschiede enorm. Doch wie kommen die Preise zustande und von welchen Faktoren hängen sie ab?

Vor gut einem Jahr haben die Energiekrise und der Strommarkt für Privathaushalte zu einem Preisschock geführt. Auch nächstes Jahr ist nach den von der Elektrizitätskommission (Elcom) publizierten Strompreisen mit bedeutenden Preissteigerungen zu rechnen.

Rückblickend hat sich der Preis bereits in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt. Die Preise der verschiedenen Stromversorger variieren stark, weil diese den Strom teilweise oder ganz an den internationalen Märkten kaufen müssen. Da dies gestaffelt und über mehrere Jahre im Voraus geschieht, fallen die Aufschläge sehr unterschiedlich aus. Wurde der Strom zwischen 2021 und 2023 eingekauft, mussten noch nie dagewesene Rekordwerte bezahlt werden, die sich 2024 im Stromtarif widerspiegeln. Zudem sind auch die Tarife der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid gestiegen.

Zum ersten Mal werden 2024 die Kosten des Bundes für die Stromreserve in den Strompreis eingerechnet, da auch in den kommenden Jahren eine Strommangellage im Winter nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Abgabe berappen die Strombezüger. Während im letzten Jahr die Strompreise durchschnittlich um 27 Prozent gestiegen sind, ist im kommenden Jahr mit durchschnittlich 18 Prozent höheren Stromrechnungen zu rechnen. Da stellt sich die Frage, ob der Zeitpunkt für eine Elektrifizierung des Gebäudeparks auch aus Hauseigentümersicht der richtige ist. 

Die Energiebeschaffung der lokalen Anbieter

Die Unterschiede in der Energiebeschaffung der lokalen Anbieter führt zu regional und lokal sehr unterschiedlichen Preisen. Einige Lieferanten, die für verschiedene Gemeinden zuständig sind, haben sich bereits vor Jahren abgesichert und verhältnismässig gute Preise am Grosshandelsmarkt erzielen können. Anbieter, die den Strom eher kurzfristig beschaffen mussten, kauften zu deutlich höheren Preisen ein. Genau aus diesem Grund spielt die Eigenproduktion der Anbieter eine zentrale Rolle. Je höher dieser Anteil ist, desto weniger Strom muss auf dem Markt zugekauft werden und desto tiefer sind die Risiken hoher Einkaufspreise.

Der Schweizer Strommarkt ist eng mit dem europäischen verbunden, deshalb wirken sich Preiserhöhungen auch auf die Schweiz aus. Neben der erwähnten neuen Abgabe für die Stromreserve wirken auch die steigenden Netznutzungstarife kostensteigernd, da die Kapitalverzinsung auf Bundesebene angehoben wurde.

Die verschiedenen Komponenten des Strompreises

Der Energietarif (Kosten für die Energie), der Netznutzungstarif, der Netzzuschlag und eine Abgabe an das Gemeinwesen bestimmen zusammen den Strompreis:

  • Der Netznutzungstarif bezeichnet den Preis für den Transport des Stroms über das Leitungsnetz, von der Produktionsstätte bis zum Hausanschluss. Dieser Tarif wiederum setzt sich zusammen aus den Kosten für das Netz, als Summe von Bau-, Unterhalts- sowie Betriebskosten und neu den Kosten für die Winterstromreserve.
  • Der Netzzuschlag entspricht der Bundesabgabe zur Förderung der erneuerbaren Energien, für die Stützung der Grosswasserkraft sowie für ökologische Sanierungen der Wasserkraft. Der Bundesrat legt jährlich die Höhe dieser Abgabe fest, die auch 2024 auf dem gesetzlichen Maximum von 2,3 Rappen / kWh liegt.
  • Kantonale und kommunale Abgaben und Gebühren, wie beispielsweise Konzessionsgebühren, bilden die Abgaben ans Gemeinwesen.

Nicht alle Anbieter rechnen auf die gleiche Art ab, weshalb sich die Strompreise verschiedener Anbieter nicht einfach vergleichen lassen. Sowohl Hoch- und Niedertarifzeiten sind unterschiedlich festgesetzt, als auch die Grundpauschalen. Die Elcom arbeitet deshalb mit Kategorien, um die verschiedenen Preisstrukturen vergleichbar zu machen. Die Kategorien richten sich nach Verbrauch in Abhängigkeit von Wohnungsgrösse und Warmwassererzeuger (Elektroboiler). Auch bei gleichem Stromverbrauch resultieren durch unterschiedliche Tageszeiten der Nutzung unterschiedliche Kosten.

Werden Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge und Photovoltaikanlagen laut Energiestrategie in grosser Zahl neu an das Verteilnetz angeschlossen, fallen auch massive Kosten für den Umstieg des Schweizer Stromnetzes auf erneuerbare Energien an, die letztlich die Strompreise weiter in die Höhe treiben. Darüber wird jedoch kaum gesprochen.

Differenzen zwischen Theorie und Praxis

Nicht selten weichen berechnete Energiebedarfswerte deutlich von den tatsächlichen Verbrauchswerten ab. Unser persönliches Verhalten im Alltag hat grossen Einfluss auf die Energiebilanz und weicht teils massiv von den zur Berechnung notwendigen Annahmen ab. Ob technische Soll-Werte auch tatsächlich den deklarierten, versprochenen und demnach auch den zu erwarteten Leistungen und Einsparungen entsprechen, kann meist erst nach mehrjährigem genauem Beobachten abschliessend geklärt werden.

Vorschriften, Standards und Zertifikate sind wichtig, um der Energiewende zu begegnen und entsprechendes Handeln ins Rollen zu bringen. Dennoch ist unserer Umwelt und dem Klima vermutlich mehr geholfen, wenn wir unser eigenes Verhalten hinterfragen und Defizite nicht vorbehaltlos mit Technik, Kompensationen und eingekauften Umweltzertifikaten zu kompensieren versuchen.

Emissionen nehmen weiter zu

Das Global-Carbon-Project (GCP) hat passend zur Weltklimakonferenz in Dubai seine alljährliche Bilanz der Kohlendioxid- Emissionen und der atmosphärischen CO2-Werte veröffentlicht. Mit einem Rekordhoch von 36,8 Milliarden Tonnen ist der anthropogene CO2-Ausstoss auf einem Rekordhoch und gegenüber 2022 erneut um 1,1 Prozent gestiegen. In China und Indien, wo ein Grossteil der Technik zur Nutzung erneuerbarer Energien produziert wird, nehmen die Emissionen weiter zu, während in der EU und den USA die Emissionen leicht abgenommen haben.

Auch die globalen Emissionen von CO2 aus fossilen Brennstoffen wie Erdöl, Kohle und Erdgas steigen noch immer, wie der Bericht aufzeigt. Gleichzeitig trägt die Entwaldung dazu bei, dass die Vegetation der Landflächen 2023 weniger CO2 aufgenommen hat als je zuvor. Global betrachtet zeigt der Emissionstrend noch immer in die falsche Richtung. Bleibt zu hoffen, dass bald ein globaler Erfolg in der Treibhausgasreduktion eintritt und die Klimapolitik der Schweiz nicht nur unsere Wohnkosten verteuert, sondern auch die gewünschte Wirkung zeigt.

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