Biel, am nordöstlichen Ende des idyllischen Bielersees gelegen, verbindet den frankophilen Charme der Romandie mit der meist pragmatischen Haltung der Deutschschweiz. Aufgrund des Hauptsitzes der Swatch Group und des Produktionsbetriebs von Rolex wird Biel gerne als Uhrenweltmetropole bezeichnet.
Die Fertigung von Zeitmessern hat denn auch Spuren in der Geschichte und örtlichen Architektur hinterlassen. So beispielsweise die Firma Louis Brandt & Frère: Nach dem Tod des Gründers verlagerten seine Söhne die Produktion 1880 von La Chauxde- Fonds nach Biel, wo sie die Fertigung von Uhren aus Einzelteilen aufnahmen. 1903 wurde die Firma Louis Brandt & Frère zu Omega und das Fabrikationsgebäude in Biel später einer neuen Nutzung zugeführt.
Früher Uhren – heute Kultur
Wo früher Uhrenteile zusammengesetzt und in Präzisionsarbeit montiert wurden, wohnt mittlerweile ein ehemaliger Opernsänger. Sein gemieteter Loft liegt in der einstigen Uhrenmanufaktur Louis Brandt & Frère. Der Loft beeindruckt durch die Raumhöhe von drei Metern, die langen Fensterbänder und die Fülle an Tageslicht. Seine Fläche von über 85 Quadratmetern ohne einengende Wände lässt den Blick umherschweifen und immer wieder neue Details entdecken. Stimmiges Licht, der Duft von handgetampertem Kaffee, eine Anekdote über eines seiner Gemälde aus der Galerie von Bob van Orsouw und erlesene Designmöbel vom Einrichtungsfachgeschäft Teo Jakob: Der Loft und sein Bewohner strahlen Kreativität aus und haben viele Geschichten auf Lager. Der weisse, neutrale Raum wirkt als ideale Kulisse für die auserlesene Einrichtung. Unter den Möbeln und Wohnaccessoires sind zahlreiche Klassiker zu finden. Auf den ersten Blick scheint die Einrichtung ein Konglomerat aus verschiedensten Stilen, Materialien und Epochen zu sein. Doch jedes Stück erzählt eine Geschichte und hat einen Platz im Leben des Hausherrn. «Weniger ist mehr, gerade auch beim Wohnen, daher sprechen die ausgesuchten Dinge hier umso mehr zu mir», betont er.
Offenheit ohne Kompromisse
Bereits beim Eingang kommuniziert ein grossformatiges, expressives Gemälde, dass hier ein liberaler Geist wohnt. Das geölte Parkett, das die gemeinsame Basis für die unterschiedlichen Bereiche des Lofts bildet, führt die Besuchenden um die Ecke in den grossen, offenen Raum. Eingang, Essen, Kochen, Wohnen und Schlafen sind um einen Block arrangiert, der die Erschliessung und das Bad mit WC beinhaltet.
Dem Entrée folgt der Essbereich mit offener Küche. Die anthrazitfarbene Küchenzeile ist zentral in der stirnseitigen, einzigen Wand ohne Fenster platziert und schliesst beidseitig mit je einem Hochschrank ab.
Vor der Küche lädt ein Esstisch mit Gestell aus Rohstahl zum Essen und Plaudern ein. Die in vier verschiedenen Farben ausgesuchten Eames-Stühle setzen dabei bunte Akzente; ihre organische Form kontrastiert mit dem kubischen Stahltisch in Schwarz. Dem Essbereich folgt der eigentliche Wohnbereich mit grosszügigem Sofa und gegenüber platziertem Freischwinger- Sessel. Der Stahlrohr-Sessel definiert den Wohnbereich mit einem Statement der absoluten Leichtigkeit. Dazwischen ersetzen zwei «Backenzähne» aus Massivholz den traditionellen Couchtisch; einmal hier, einmal dort hingestellt, verbildlichen sie die flexible Haltung hinter der Einrichtung. Ausser der fest eingebauten Küchenzeile ist jedes Möbel allzeit bereit, neu platziert zu werden.
Einzig der Schlafbereich strahlt eine gewisse Sesshaftigkeit aus. Eine Stufe höher als der übrige Loft, verleiht der mit dunklem Nussbaum ausgelegte Bereich dem breiten Bett eine erhabene Wichtigkeit. Das Gemälde dahinter, eine furiose Grün-Weiss- Komposition, betont nochmals die Eigenständigkeit des Schlafbereichs. Auch der elegante Loungesessel von Jean Prouvé – er korrespondiert farblich mit dem Bild – nimmt hier eine wichtige Rolle ein, ebenso der runde Beistelltisch aus Kork neben dem Bett. Einen prunkvollen Akzent setzt die goldene Atollo-Leuchte auf dem schwarzen Sideboard seitlich des Betts.
Unterwegs sein
Locker an die Wand gelehnte Kunstwerke, die Auflösung von räumlichen Grenzen zwischen den verschiedenen Bereichen und die mobilen Möbel bezeugen, dass hier ein Reisender seinen Wohnsitz hat. Lange Arbeitstage, Konzertreisen und das dauernde Verlegen des Lebensmittelpunkts sind nichts Ungewöhnliches für den Hausherrn. Doch dies liegt ihm offenbar im Blut: «Meine Familie ging schon immer gerne fort, aber noch lieber kamen wir wieder nach Hause.» So ist sein aktuelles Zuhause stilvoll und mit erlesenen Stücken eingerichtet, dennoch ist das Provisorische und Ungebundene zu erkennen. Die Lockerheit und Ungezwungenheit der Einrichtung und der platzierten Kunst sind denn wohl auch ein Zeichen eines Lebens in Bewegung. Die Merkmale des Praktikablen und Flexiblen zeigt auch die zusammengestellte Einrichtung aus ausgesuchten Einzelstücken unterschiedlicher Hersteller aus verschiedenen Ländern. Langlebige Möbelkreationen von USM, Cassina, Thonet, Vitra oder Zanotta tragen durch ihre Materialwahl und Farbigkeit die persönliche Signatur ihres Nutzers. Als der Hausherr vor dem Einzug im leeren Loft stand, wirkte dieser mit seinen überhohen Räumen und der postindustriellen Nüchternheit zunächst weiss und kalt. Dank der ausgesuchten Möbel und der Kunst wirkt der Loft nun einladend, faszinierend und persönlich.