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Anzug Heidi Mück und Konsorten betreffend Besteuerung der Einnahmen aus Einspeisevergütungen von Photovoltaikkleinanlagen und Netzentgelt

HEV BS
23.05.2024

Heidi Mück und Andreas Zappalà haben einen Anzug formuliert, der von diversen Grossrätinnen und Grossräten aus verschiedenen Fraktionen unterzeichnet und vom Grossen Rat an seiner Sitzung vom 23. März 2022 dem Regierungsrat zum Bericht überwiesen wurde.

Meldung von Hauseigentümern über Änderung der Besteuerung
Der Anzug nahm Meldungen von Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern auf, wonach die Steuerverwaltung Basel-Stadt per Steuererklärung für das Jahr 2020 die Besteuerungspraxis bezüglich der Einnahmen aus Einspeisevergütungen aus Photovoltaikanlagen geändert hat. Neu müssen die Einnahmen aus Einspeisevergütungen für Photovoltaikanlagen unter «übrige Einkünfte» aufgeführt und versteuert werden. Die Steuerbehörde begründet die Änderung der Besteuerungspraxis mit einem Bundesgerichtsurteil vom 16. September 2019 (2C_510/2017 bzw. 2C_511/2017) und nennt als gesetzliche Grundlage für diese Besteuerung die sogenannte Einkommensgeneralklausel, die sich für das kantonale Recht in § 17 des Gesetzes über die direkten Steuern (StG) vom 12. April 2000 und für das Bundesrecht in Art. 16 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990 findet.

Negative Auswirkungen befürchtet
Die Anzugstellenden halten fest, dass diese Änderung der Besteuerung von Solaranlagen verschiedene negative Auswirkungen hat: Die Besitzerinnen und Besitzer von Solaranlagen müssen höhere Steuern zahlen, was die Amortisationszeit ihrer Photovoltaikanlagen verlängert. Die Anzugstellenden befürchten, dass aufgrund der Besteuerung die Erstellung von Solaranlagen somit für Privatpersonen an Attraktivität einbüsst, denn Steuer und Entgelt reduzieren die Rentabilität der Anlage merklich. Sie sind zudem der Meinung, dass diese Tatsache nicht nur den Zusicherungen in Bezug auf die Rentabilität widerspricht, sondern ebenso dem Klimaschutz, einem von der Regierung selbst formulierten Schwerpunkt im Legislaturplan 2021–2025. Die Anzugstellenden wollen vom Regierungsrat wissen, wie viele Personen von dieser Änderung der Besteuerungspraxis betroffen sind, wie hoch die zusätzlichen Einnahmen aufgrund der Änderung der Besteuerungspraxis für den Kanton Basel-Stadt sind, welche Möglichkeiten es gibt, die Einspeisevergütung weiterhin steuerfrei zu belassen, allenfalls beschränkt auf Kleinanlagen (bis 10 KW Peak), und ob die generierten Mehreinnahmen auf anderem Weg den Steuer- und Entgeltpflichtigen wieder rückvergütet werden können.

Praxisänderung der Steuerverwaltung
In seiner Anzugsbeantwortung stellte der Regierungsrat eingangs fest, dass nach der ursprünglichen Praxis der Steuerverwaltung Entschädigungen aus kostendeckender Einspeisevergütung (KEV) beziehungsweise Direktvermarktung des Stroms oder durch Überlassung von Liegenschaftsteilen für den Betrieb einer Solaranlage in der Regel als steuerbares Einkommen aus unbeweglichem Vermögen qualifiziert wurden. Gemäss dem im Anzug zitierten Bundesgerichtsentscheid stellen KEV steuerrechtlich keinen Ertrag aus unbeweglichem Vermögen, sondern steuerbares Einkommen nach der Einkommensgeneralklausel dar. Deshalb werden Einspeisevergütungen im nicht kommerziellen Bereich nach der neuen Praxis der Steuerverwaltung als übriges Einkommen am Ort der gelegenen Sache besteuert. An der grundsätzlichen Steuerbarkeit entsprechender Einkünfte hat sich nichts geändert. Diese Praxis entspricht der Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) zur steuerrechtlichen Qualifikation von Investitionen in umweltschonende Technologien wie Photovoltaikanlagen vom 27. August 2020, wonach Einkünfte bei nicht kommerzieller Stromerzeugung, wie etwa Entschädigungen aus Einspeisevergütung, Einmalvergütungen oder Direktvermarktung, steuerbares Einkommen darstellten. In jedem Fall steuerbar sei der tatsächlich ins Netz eingespeiste Strom, der vom Netzbetreiber im Rahmen der KEV vergütet werde.

Wie viele Personen sind von dieser Änderung der Besteuerungspraxis betroffen?
Gemäss Regierungsrat sind diejenigen natürlichen Personen betroffen, die aus einer im Privatvermögen gehaltenen Photovoltaikanlage mehr Strom erzeugen, als sie für ihren Eigenverbrauch benötigen, und diesen Überschuss ins Netz einspeisen. Nur wer mehr Strom erzeugt, als er für den Eigenbedarf selbst verbraucht oder in einer Batterie speichern kann, erhält eine Entschädigung, die er zu versteuern hat. Dient die Photovoltaikanlage vollständig der Eigenbedarfsdeckung, fallen keine steuerbaren Erträge an. Im Kanton Basel-Stadt gibt es laut Auskunft der Industriellen Werke Basel (IWB) rund 1870 Photovoltaikanlagen, die Strom einspeisen, die juristischen oder natürlichen Personen gehören (Stand Juni 2023). Nicht alle dieser 1870 Photovoltaikanlagen werden im Privatvermögen gehalten. Nicht erhoben werden können diejenigen Photovoltaikanlagen, die keinen Strom ins Netz einspeisen und nur für den Eigenbedarf Strom produzieren.

Welche Möglichkeiten gibt es, um die Einspeisevergütung weiterhin steuerfrei zu belassen, allenfalls beschränkt auf Kleinanlagen (bis 10 KW Peak)?
Der Regierungsrat stellt fest, dass die Steuerverwaltung den überschüssigen eingespeisten Solarstrom bereits vor dem im Anzug zitierten Bundesgerichtsentscheid (vgl. dazu Ziffer 1, 2. Abschnitt) besteuerte. An den Steuereinnahmen hat sich damit grundsätzlich nichts geändert. Er verweist des Weiteren auf das Steuerharmonisierungsgesetz, das die von den Kantonen zu erhebenden direkten Steuern bestimmt und die steuerbaren Einkünfte zwingend festlegt. Aufgrund der sogenannten Einkommensgeneralklausel sind sämtliche Einkünfte steuerbar, mit Ausnahme derjenigen, die explizit von der Einkommenssteuer befreit sind. Erträge aus Photovoltaikanlagen zählen nicht zu den steuerbefreiten Ausnahmen und sind damit als Einkommen zu versteuern. Weder das Steuerharmonisierungsgesetz noch das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer kennen für Entschädigungen aus Solarstromerzeugung Steuerfreigrenzen oder Steuerfreibeträge. Diese Einschätzung wird durch den im Anzug zitierten Bundesgerichtsentscheid und die Analyse der SSK bestätigt. Der Regierungsrat folgert daraus, dass damit für den Kanton von Bundesrechts wegen kein Spielraum dafür besteht, Einkünfte aus Photovoltaikanlagen beziehungsweise Teile davon unbesteuert zu lassen. Basel-Stadt kennt deshalb keine Bagatellfreigrenze. Für eine solche brauchte es eine bundesrechtliche Grundlage im Steuerharmonisierungsgesetz und im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer.

Können die generierten Mehreinnahmen auf anderem Weg den Steuer- und Entgeltpflichtigen wieder rückvergütet werden?
Der Regierungsrat verweist darauf, dass durch die Änderung der Besteuerungspraxis keine Steuermehreinnahmen anfallen, weshalb diesbezüglich kein Substrat für eine Rückvergütung besteht. Eine generelle Rückvergütung der Steuereinnahmen aus der Einspeisevergütung hält er nicht für zielführend. Bereits heute unterstützt der Bund den Bau von Photovoltaikanlagen. Im Kanton BaselStadt erhalten Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer im Rahmen der Aktion «Solarkraftwerk Basel» ausserdem zusätzliche Förderbeiträge, wenn sie eine energetische Dach- oder Fassadensanierung mit der Installation einer Photovoltaikanlage kombinieren. Umfassendere Fördermassnahmen sind im Rahmen der «Solaroffensive» geplant. Schliesslich können die Investitionen in Photovoltaikanlagen bei bestehenden Gebäuden in der Regel zu 100 Prozent als Liegenschaftsunterhaltskosten vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden.

Der Anzug wurde abgeschrieben
Heidi Mück, die das in ihrem Votum festhielt, und Andreas Zappalà zeigten sich von der Antwort nicht überzeugt. Sie erachten die Besteuerung als falsches Signal, vor allem wenn Stromeinsparungen beziehungsweise die Einspeisung ins Netz gefördert werden soll. Somit bestehen keine Anreize. Trotzdem waren sie mit einer Abschreibung einverstanden unter dem Vorbehalt, mit einem neuen Vorstoss konkrete Massnahmen zu fordern.