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Tücken beim Schenken einer Liegenschaft

08.05.2013 Nicolas Müller, lic.iur., Nachlassexperte beim VZ Vermögens-Zentrum in Zürich

Erbrecht – Wenn die Gegenleistung für die Schenkung einer Immobilie zu hoch ist, werden Grundstückgewinnsteuern fällig.

Hausbesitzer wollen ihre Immobilie häufig schon zu Lebzeiten ihren Erben überschreiben. Sie vermindern damit zum Beispiel die Erbschaftssteuern für die Begünstigten oder senken ihre eigenen Einkommens- und Vermögenssteuern. Oft ist mit einer Schenkung eine Gegenleistung verbunden: Der Beschenkte muss die Hypothek übernehmen und dem Schenker allenfalls ein lebenslanges Wohn- oder Nutzniessungsrecht einräumen. In so einem Fall spricht man von einer gemischten Schenkung.


Grenze für die maximale Gegenleistung

Ist die Gegenleistung – also die Hypothek und der kapitalisierte Wert der Nutzniessung oder des Wohnrechts – im Verhältnis zum Wert der Liegenschaft zu hoch, bewerten die Steuerbehörden den Vermögensübergang nicht mehr als Schenkung, sondern als gewöhnlichen Verkauf. Das hat zur Folge, dass Grundstückgewinnsteuern fällig werden und je nach Kanton auch Handänderungssteuern. Die meisten Kantone setzen bei gemischten Schenkungen die Grenze für die maximale Gegenleistung bei 75 Prozent des Liegenschaftenwerts an. Beträgt die effektive Schenkung also weniger als 25 Prozent des Werts, sollte der Schenker vor der Übertragung der Liegenschaft die Hypothek reduzieren oder das Nutzniessungs- oder Wohnrecht zeitlich befristen, wodurch der kapitalisierte Wert dieses Nutzungsrechts sinkt.

Eine Schenkung kann die finanzielle Unabhängigkeit des Schenkers gefährden. Sie schmälert zum Beispiel die staatlichen Ergänzungsleistungen, wenn er pflegebedürftig wird. Für Schenkende empfiehlt sich darum eine solide Finanzplanung, die aufzeigt, ob das nötige Einkommen trotz der Schenkung bis ins hohe Alter gesichert ist. 


Ausgleichspflicht von Schenkungen beachten

Eine Schenkung, die einzelne Erben bevorzugt, kann den sozialen Frieden in der Familie gefährden.  Gesetzliche Erben müssen Schenkungen bei der Erbteilung wieder ausgleichen. Das bedeutet: Sie müssen sich die Zuwendung an ihren Erbteil anrechnen lassen. Wie viel ausgeglichen werden muss, hängt vom Wert der Schenkung zum Zeitpunkt des Erbgangs ab. Steigt der Wert der Liegenschaft bis zum Tod des Schenkers von 1 auf 1,5 Mio. Franken, muss sich der Beschenkte 1,5 Mio. an seinen Erbteil anrechnen lassen. Übersteigt die Zuwendung den Erbteil, muss er seinen Miterben die Differenz sogar zurückzahlen. Diese Ausgleichszahlung kann ihn in grosse Schwierigkeiten bringen und im schlimmsten Fall dazu führen, dass er die Liegenschaft verkaufen muss. Ist der Begünstigte kein gesetzlicher Erbe, muss er die Schenkung nur ausgleichen, wenn sie weniger als fünf Jahre zurückliegt und Pflichtteile von Erben verletzt.

Der Schenker kann den Begünstigten in seiner letztwilligen Verfügung von der Ausgleichspflicht befreien. Allerdings ist dies nur im Rahmen der freien Quote möglich; die gesetzlichen Pflichtteile müssen in jedem Fall gewahrt bleiben. Am besten regeln die Parteien in einem öffentlich  beurkundeten Erbvertrag verbindlich, ob oder in welchem Umfang bei der Erbteilung ein Ausgleich stattfinden soll. Bei jeder grösseren Schenkung ist es zudem ratsam, die bestehende Nachlassregelung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.