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So wird die Erbteilung nicht zur Zerreissprobe

12.12.2012 Dr. iur. Marc'Antonio Iten, Nachlass-Experte, VZ VermögensZentrum, Zürich

Erben – Auf die Hinterbliebenen kommt eine ganze Reihe von anspruchsvollen Aufgaben zu, wenn der Verstorbene in seinem Testament keinen Willensvollstrecker bestimmt hat.

Schon in den ersten Stunden und Tagen nach dem Tod eines Angehörigen müssen die Hinterbliebenen viele ungewohnte Dinge erledigen. Normalerweise ist es der Hausarzt, der den Tod feststellt und den Todesschein ausstellt. Bei einem Unfall oder wenn es Anzeichen für einen gewaltsamen Tod gibt, muss man die Polizei verständigen. Wenn der Tod feststeht, benachrichtigt man die Menschen, die dem Verstorbenen am nächsten standen und informiert die Gemeinde. Hat der Verstorbene ein Testament, einen Ehe- oder Erbvertrag hinterlassen? Wer von solchen letztwilligen Anordnungen weiss, muss sie umgehend bei der zuständigen Behörde zur Eröffnung einreichen.


Vor und nach der Bestattung


Bis zur Bestattung bleiben nur etwa vier bis sieben Tage. Damit die Trauergäste rechtzeitig informiert sind, müssen die Todesanzeige und Leidzirkulare gedruckt werden, sobald Ort und Zeit feststehen. Eine stimmige Trauerfeier ist ein wichtiger Schritt beim Abschiednehmen. Für die Angehörigen ist es sehr wertvoll, wenn sie diesen Anlass sorgfältig vorbereiten können. Erfahrene und kompetente Ansprechpartner sind die Gemeinde, Seelsorger sowie Bestattungsunternehmen.
In den Tagen nach der Bestattung sollte man den Verstorbenen überall abmelden, seine laufenden Verträge kündigen oder neu regeln und Ansprüche auf Renten und andere Zahlungen klären. Wenn diese dringenden Dinge erledigt sind, geht es darum, den Nachlass zu ordnen und aufzuteilen. Die Erbberechtigten bilden von Gesetzes wegen eine sogenannte Erbengemeinschaft. Ihre Mitglieder können bis zur Erbteilung nur gemeinsam über den Nachlass verfügen. Sie müssen alle Entscheide einstimmig fällen, die das Erbe betreffen. Ein einzelner Erbe kann die Teilung des Nachlasses somit unter Umständen jahrelang blockieren, selbst wenn ihm nur ein kleiner Anteil am Erbe gehört. Für Schulden des Verstorbenen haften die Mitglieder der Erbengemeinschaft persönlich und solidarisch. Die Erbengemeinschaft besteht so lange, bis der Nachlass vollständig aufgeteilt ist.


Wünsche rechtzeitig festhalten

Mit zunehmendem Alter machen sich die meisten Menschen Gedanken darüber, was nach ihrem Tod geschehen soll. Idealerweise sprechen sie rechtzeitig mit jemandem darüber, halten ihre Wünsche schriftlich fest oder beauftragen einen Willensvollstrecker damit, ihren letzten Willen umzusetzen, nachdem sie gestorben sind. Das macht für die Hinterbliebenen vieles leichter. Der Willensvollstrecker kennt die Ziele und Anordnungen des Verstorbenen genau. Deshalb kann er den Angehörigen viele Aufgaben abnehmen, sie bei ungewohnten Entscheidungen beraten, die Erbteilung rasch und fair abwickeln und die Erbengemeinschaft auflösen.

Die Erben benötigen einen Erbschein, damit sie über die Vermögenswerte des Verstorbenen verfügen können. Bis ein Erbschein vorliegt, können allerdings mehrere Wochen oder sogar Monate vergehen. Ein Willensvollstrecker hingegen erhält bereits wenige Tage nach dem Tod Zugriff auf das Vermögen des Verstorbenen. So kommen die Erben schneller an Geld heran, das sie für dringende Ausgaben benötigen.


Einen Erbenvertreter bestimmen

Wenn der Verstorbene in seinem Testament keinen Willensvollstrecker eingesetzt hat, müssen die Erben selbst dafür sorgen, dass das Erbe aufgeteilt und die Erbengemeinschaft aufgelöst wird. Am einfachsten ist es, wenn sie sich auf einen Erbenvertreter einigen, der diese Aufgabe übernimmt.

In Frage kommt ein Mitglied der Erbengemeinschaft oder ein professioneller Erbenvertreter ohne Eigeninteressen. Er sollte sich mit Erbschaftsangelegenheiten auskennen und das Vertrauen aller Erben gewinnen. Eine neutrale Bezugsperson kann die Interessen aller Beteiligten am besten wahrnehmen und ähnlich wie ein Mediator einen Konsens herbeiführen, der für alle tragbar ist. Das ist für die Erben vorteilhafter, als den Konflikt vor Gericht auszutragen. Erbteilungsprozesse sind sehr kostspielig und oft emotional zermürbend, und es dauert nicht selten mehrere Jahre, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.