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Wohnschutz: Vorschläge des Mieterverbands gehen zu wenig weit

HEV BS
14.08.2024

In seinem Mediencommuniqué vom 24. Juni 2024 schlägt der Mieterverband dringliche «Verbesserungen» an der Wohnschutzgesetzgebung vor (PDF im Anhang).

In einer ersten Reaktion hat der HEV Basel-Stadt diese Vorschläge als «kleinen Schritt in die richtige Richtung» kommentiert. Es handelt sich tatsächlich um einen sehr kleinen Schritt, aber immerhin. Das Mediencommuniqué suggeriert einmal mehr, dass das Übel dieser Wohnschutzgesetzgebung in der Verordnung zu finden ist und deshalb durch den Regierungsrat zu verantworten ist. Diese Sichtweise ist natürlich falsch und will nur glaubhaft machen, dass mit einer Änderung der Verordnung der Weg aus dem Schlamassel, in welchen uns die Initiativen des Mietverbands geritten haben, gefunden wird. So einfach ist es denn tatsächlich nicht. 

Einige Forderungen gelten schon nach aktuellem Recht
Der Ersatz eines Kühlschranks oder einer Waschmaschine sowie die Mängelbehebung ist schon gemäss den aktuellen gesetzlichen Grundlagen bewilligungsfrei möglich. Aufgrund einer restriktiven Auslegung der Wohnschutzkommission bestanden hier anfängliche Unsicherheiten, die inzwischen aus dem Weg geräumt wurden. In einem Merkblatt, das von der Wohnschutzkommission ausgearbeitet wurde, ist klar festgehalten, dass die Behebung von Mängeln wie Austausch eines defekten Küchengeräts oder Ersatz einer kaputten Fensterscheibe sowie gewöhnliche Aufwendungen bei einem Mieterwechsel wie Malerarbeiten, Reparaturen von Bodenbelägen, Ersatz von defekten und amortisierten Bodenbelägen und drgl. als einfacher ordentlicher Unterhalt gilt, welcher nicht bewilligungspflichtig ist. Die Feststellung, dass dies nur gilt, wenn keine Mietzinserhöhung erfolgt, erübrigt sich, da solche Massnahmen schon mietrechtlich nicht zu einer Mietzinserhöhung berechtigen. Somit bedarf es keiner Änderung in der Verordnung, wie das vom Mieterverband vorgeschlagen wird, und es liegt schon gar nicht ein Entgegenkommen des Mieterverbands an die Vermieterseite vor.

Schnelleres, einfacheres Prüfungsverfahren
Für Umbau-, Renovations- oder Sanierungsvorhaben in bewohntem Zustand, welche zu keinen Mietzinsanpassungen führen, besteht ein einfaches Meldeverfahren. Der Mieterverband möchte dieses beschleunigen. Er verlangt einen Expressschalter, der physisch einzurichten ist, aber auch online erreichbar sein muss. Innerhalb eines Tages ist das Gesuch zu prüfen und die Verfügung entweder elektronisch zu übermitteln oder über einen Stempelautomaten zugänglich zu machen. Gegen eine Beschleunigung der Verfahren ist ja nichts einzuwenden. Ob die Vorschläge praktisch und rechtlich umsetzbar sind, ist mehr als fraglich. Es ist kaum vorstellbar, dass der Vermieter am Morgen ein Gesuch eingibt (entweder online oder am Schalter) und am Abend die Antwort erhält (entweder online oder über den Stempelautomaten). Das Gesuch sollte doch ernsthaft geprüft werden und die Prüfung nach rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgen. Ob dies in einem solchen Verfahren gewährleitet werden kann, ist fraglich. Aber vielleicht reicht die Vorstellungskraft des HEV nicht so weit, wie jene des Mieterverbands. Der HEV erachtet die Abschaffung dieses Meldeverfahrens, wie dies auch von Vorstandsmitglied Michael Hug in seiner Motion gefordert wird, als zielführender. Darüber wird aber der Grosse Rat zu entscheiden haben, wenn der Regierungsrat in Befolgung der Motion dereinst dem Parlament eine entsprechende Gesetzesanpassung unterbreiten wird.

Bei Sanierungen Bandbreite statt Formel
Der Mieterverband fordert eine Plausibilitätsprüfung der Mietzinserhöhungen bei Sanierungen, die im Rahmen des vereinfachten Bewilligungsverfahrens abgewickelt werden sollen. Bei dieser Forderung handelt es sich tatsächlich um einen richtigen Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt ist aber zu klein und genügt für sich alleine nicht. Überschreitet der Vermieter einen gewissen Betrag bei der Kalkulation der Mietzinserhöhung nicht, nämlich 80 Franken bei 1- und 2-Zimmer-Wohnungen, 120 Franken bei 3-Zimmer-Wohnungen und 160 Franken bei 4-Zimmer-Wohnung und mehr, so soll gemäss Gesetz das Prüfungsverfahren in einem vereinfachten Bewilligungsverfahren abgewickelt werden. Der Regierungsrat hat aber in seiner Verordnung die gleichen Berechnungsgrundlagen und Berechnungsformeln zugrunde gelegt, wie diese auch beim umfassenden Bewilligungsverfahren der Fall ist. Die Unterschiede zwischen dem vereinfachten und dem umfassenden Bewilligungsverfahren liegen deshalb vor allem in den zu erbringenden Nachweisen. Zwar spielt gemäss Gesetz auch beim vereinfachten Verfahren der Verbleib in derselben Kategorie und die überwiegenden Bedürfnisse der Wohnbevölkerung eine Rolle. Aber die Beweisanforderungen sind tiefer, da für die Beurteilung offenbar nicht die Auffassung von Fachorganisationen ausschlaggebend ist, wie dies beim umfassenden Bewilligungsverfahren notwendig ist. Offenbar hat auch der Mieterverband gemerkt, dass diese beiden Verfahren zu nah beieinanderliegen, als dass beim einen nicht von einer Vereinfachung gesprochen werden kann. Immerhin ist die Formel der Berechnung der Mietzinserhöhung nicht vom Mieterverband geschaffen worden, sondern stammt aus der Feder des Regierungsrats resp. des zuständigen Präsidialdepartements. Somit ist dem Mieterverband zumindest in diesem Punkt beizupflichten, dass der Wegfall dieser unsäglichen Formel und der Ersatz durch eine Plausibilitätsprüfung tatsächlich zu einer Vereinfachung führen kann. Diese Feststellung gilt aber nur und mag nur zu einer Vereinfachung führen, wenn mit dieser plausibilisierten Mietzinserhöhung zugleich der Verbleib in derselben Kategorie und die überwiegenden Bedürfnisse der Wohnbevölkerung im Sinne des Gesetzes gegeben resp. anerkannt sind. Wenn diese beiden Voraussetzungen, die notabene im Gesetz und nicht in der Verordnung verankert sind, trotzdem noch eigenständig geprüft werden müssen, sind wir wiederum weit weg von einer Vereinfachung dieses vereinfachten Bewilligungsverfahrens.

Auch in diesem Punkt stellt die Motion Michael Hug einen zielführenderen Ausweg dar. Neben der oben erwähnten Streichung des einfachen Prüfungsverfahrens schlägt er eine Gesetzesänderung vor, die zwischen einem vereinfachten und einem umfassenden Bewilligungsverfahren unterscheidet, die der Bezeichnung auch tatsächlich gerecht wird. Wohnungssanierungen bei Mieterwechseln sollen bewilligungsfrei möglich sein, sofern der bisherige Mietzins nicht um mehr als 10 Prozent erhöht wird. Sanierungen bis 50 000 Franken, die zu einer Mietzinserhöhung von nicht mehr als 15 Prozent führen, sollen in einem einfachen Bewilligungsverfahren ablaufen, in welchem die geltend gemachte Mietzinserhöhung einer Plausibilitätsprüfung unterzogen wird. Diese soll anhand einer Kostenschätzung sowie eines Mieterspiegels erfolgen, der die Grösse der Wohnung, die Höhe des Mietzinses, das Datum des Einzugs und das Baujahr enthalten soll. Alle übrigen Sanierungen unterstehen dem umfassenden Bewilligungsverfahren, wobei die aktuelle Berechnungsformel wegfallen soll und die Mietzinserhöhung gemäss der Entwicklung der Miete in den letzten Jahren und den Aspekten Verbleib in der gleichen Kategorie und überwiegenden Bedürfnisse der Bevölkerung folgen soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine heute günstige Miete bei entsprechender Sanierung eine höhere Mietzinserhöhung erfahren darf als eine Miete, die sich bereits am Plafond der Mietzinskategorie befindet.

 

Einfache und verständliche Information der Mietparteien
Gegen die Forderung, dass die Verfügungen kürzer und allgemein verständlicher formuliert werden sollen, kann man nichts einwenden. Aber dadurch wird die Wohnschutzgesetzgebung weder besser noch gerechter. Für die Vermieterschaft ist es einerlei, ob die Verfügung einfach verständlich oder in einem juristendeutsch geschrieben wird. Weder wird der Entscheid dadurch besser noch die gewährte Mietzinserhöhung höher. Deshalb kann diese Forderung aus Sicht der Vermieterseite nicht als Gewinn abgebucht werden.

Fazit
Die Vorschläge des Mieterverbands stellen wie gesagt einen kleinen Schritt in die richtige Richtung dar, vermögen aber die Mängel der Wohnschutzgesetzgebung nicht zu beheben. Damit diese Gesetzgebung praxistauglich wird, müssen Änderungen im Wohnraumfördergesetz angegangen werden. Diese führen keineswegs dazu, dass der Wohnschutz aufgehoben oder aufgeweicht wird. Der aktuellen Gesetzgebung ist eindeutig anzumerken, dass die Bestimmungen rein ideologisch formuliert wurden, ohne die Auswirkungen in der Praxis zu prüfen und die schlechten Beispiele anderer Städte zu verhindern.