Der Wohnungsleerstand erhöhte sich leicht von 0,8 Prozent im Vorjahr auf 0,9 Prozent aktuell. Dieser Wert ist nach wie vor tief, vor allem wenn man die Leerstände in früheren Jahren anschaut beziehungsweise diese im Zusammenhang mit der Wohnschutzgesetzgebung sieht, die bei einem Leerwohnungsbestand unter 1,5 Prozent von einer Wohnungsnot spricht. Im Vergleich zu anderen Schweizer Städten sehen die Zahlen in Basel aber besser aus. Zu klagen haben Zürich mit 0,1 Prozent oder Bern und Genf mit 0,4 Prozent.
Die Motion Knellwolf, auf die der Grosse Rat eingetreten ist und die dem Regierungsrat zur Umsetzung überwiesen wurde, verlangt eine differenzierte Berechnung der Leerstandsquote, sei das in Bezug auf die Wohnungsgrösse, sei das in Bezug auf die Quartiere. Der Regierungsrat lehnt diese Motion aus Praktikabilitätsgründen ab. In seiner Leerstandserhebung weist er aber genau diese Daten aus. So stellt er fest, dass in den Vorstädten die Leerstandsquote bei 2,5 Prozent, in der Altstadt Grossbasel und im Rosental bei je 1,9 Prozent sowie in Kleinhüningen bei 1,5 Prozent liegt. Es leuchtet nicht ein, dass die strengen Wohnschutzregeln auch in diesen Quartieren gelten sollen, obwohl dort anscheinend eine Wohnungsnot gemäss gesetzlicher Vorgabe gar nicht besteht. Die Praktikabilitätsgründe können als Gegenargument nicht zugelassen werden. Die Wohnschutzbestimmungen sind alles andere als praktikabel. Würde ein Vermieter einer Liegenschaft, die in den Vorstädten liegt, ein Sanierungsprojekt realisieren wollen, wäre die Bescheinigung durch das Sekretariat der Wohnschutzkommission, dass im betreffenden Quartier die Leerstandsquote gemäss Leerstandserhebung 2025 bei 2,5 Prozent liegt und somit keine Bewilligungspflicht besteht, das Einfachste und Praktikabelste der Welt.
Betrachtet man die Grafik Wohnungen und Wohnbevölkerung, fällt auf den ersten Blick eine an und für sich logische Konstellation auf: Anfang der 1960er-Jahre lag die Anzahl leer stehender Wohnungen fast bei null, und das bei einer Wohnbevölkerung von gegen 240 000. Bei sinkender Bevölkerungszahl erhöhte sich ebenfalls die Anzahl leer stehender Wohnungen, mit Einbrüchen Ende der 1980er- und in den 1990er-Jahren. Die Immobilienwirtschaft hatte damals mit hohen Hypothekarzinsen und der Spekulation zu kämpfen, die der Bundesrat mit einem neuen Mietrecht und dringlichen Bundesbeschlüssen zur Bekämpfung der Spekulation in den Griff zu bekommen versuchte. Auch in den 2000er-Jahren, als die Wohnbevölkerung in Basel gegen 180 000 Personen tendierte, verfügte der Stadtkanton über eine grosse Zahl an leer stehenden Wohnungen. Trotz einem seit 2010 kontinuierlich zu verzeichnenden leichten Bevölkerungswachstum stieg die Anzahl leer stehender Wohnungen seit 2015 stetig an.
Interessant zu beobachten ist allerdings die Entwicklung der belegten Wohnungen. Die Anzahl belegter Wohnungen war zum Zeitpunkt des Höchststands der Bevölkerungszahl tiefer als heute bei weniger Einwohnerinnen und Einwohnern. Somit stellt sich die Frage, ob es richtig ist, die «Wohnungsnot» einzig anhand der leer stehenden Wohnungen im Verhältnis zum Gesamtwohnungsbestand zu qualifizieren. So gab es 1976 und 2021 etwa gleich viel leer stehende Wohnungen. Da der Wohnungsbestand 1976 tiefer war, resultiert für dieses Jahr eine viel höhere Leerstandsquote. Und das bei einer Bevölkerungs- zahl, die recht höher lag als 2021. Die damalige Bevölkerung hätte es also trotz höherer Leerstandsquote schwieriger gehabt, eine Wohnung zu finden, wenn man die heutigen Wohnbedürfnisse zugrunde legt.
So sollte der heutige Wohnungsbestand eigentlich den Bedarf bei der aktuellen Bevölkerungszahl decken können, wenn man die Verhältnisse mit der Situation in den 1960er- und 1970er-Jahren vergleicht. Das heutige Problem der Wohnungssituation ist also in erster Linie weder der aktuellen Bevölkerungszahl noch der Zuwanderung geschuldet. Das Hauptproblem besteht im Wohnflächenbedarf der einheimischen Bevölkerung, der heute weitaus grösser ist als vor 50 Jahren. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu und längstens bekannt. Dennoch definiert man die Wohnungsnot einzig an der Erhebung eines Leerwohnungsbestands im Verhältnis zum Gesamtwohnungsbestand und nicht an den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung. Das führt letztlich dazu, dass unsinnige Wohnschutzgesetze eingeführt werden, die das Problem akzentuieren und gar verschlimmern statt zur Problemlösung beitragen. Da die Wohnbevölkerung in Basel weiter steigt und damit einhergehend das Bedürfnis an mehr Wohnraum, ist es unsinnig, ein Gesetz zu erlassen, das den Wohnungsbestand zementiert und Neubauten hemmt. Aus diesem Grund sind Regierung und Parlament dringend aufgefordert, Gegensteuer zu geben und Anpassungen an der Wohnschutzgesetzgebung vorzunehmen.


