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Die andere Seite

HEV BS
07.11.2023

Wenn man die Zeitungsberichte der letzten Wochen, Äusserungen von linken Politikerinnen und Politikern sowie Verlautbarungen des Mieterverbands liest und hört, muss man den Eindruck gewinnen, dass es in der Schweiz und in Basel nur Vermietende gibt,

die ihre Mieterinnen und Mieter schröpfen und einzig darauf aus sind, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.

Sicherlich gibt es unter den Vermietenden sogenannte schwarze Schafe, aber der grösste Teil der Vermietenden verhält sich fair.

Doch es gibt auch auf der Mieterseite «schwarze Schafe». Nur: Die Medien interessiert das wenig, und der Mieterverband schweigt solche Fälle tot, denn sonst würde das Bild des lieben Mieters und des bösen Vermieters einen Kratzer erhalten.

Vor einiger Zeit beriet die Rechtsabteilung des HEV eine Vermieterin. Sie vermietet eine 3-Zimmer-Wohnung zum Preis von rund 650 Franken monatlich. Der Mieter bewohnt diese Wohnung seit etwa 20 Jahren. Infolge der Referenzzinssatzerhöhung hat die Vermieterin den Mietzins um rund 60 Franken angehoben, indem sie die Reduktion des Referenzzinssatzes seit Mietbeginn berücksichtigte und die Teuerung und die allgemeine Kostensteigerung gegenrechnete. Der Mieter focht die Mietzinserhöhung als missbräuchlich an und behauptete, die Vermieterin erziele mit diesem Mietzins einen überhöhten Ertrag. Die Vermieterin musste mit diesem Mieter zur Schlichtungsstelle. Ein Blick auf das Mietpreisraster, das gemäss eigener Bezeichnung quartierübliche Mieten aufweist, zeigte schnell: Die Miete für ein vergleichbares Objekt in diesem Quartier beträgt beinahe doppelt so viel, und zwar auch nach der Erhöhung. Die Miete ist also keineswegs übersetzt.

Die einseitige, fast schon hetzerische Berichterstattung in den Medien führt dazu, dass bis jetzt funktionierende und einvernehmliche Mietverhältnisse in einem Streit enden. Denn so, wie einige Vermietende das Gefühl haben, wegen der aktuellen Referenzzinserhöhung die Miete unbesehen erhöhen zu können, sind diverse Mieterinnen und Mieter der festen Überzeugung, dass jede Mietzinserhöhung missbräuchlich ist und zu einem übersetzten Ertrag führt.

Es wird keineswegs bestritten, dass es für viele Wohnungssuchende problematisch ist, auf dem Wohnungsmarkt eine passende Wohnung zu finden. Dieses Phänomen ist aber nicht neu, gab es immer und wird es immer geben. Als die Hypothekarzinsen Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre innert kürzester Zeit von 5,5 auf 7,0 Prozent stiegen, und das zeitweise in Halbprozentschritten bei gleichzeitiger hoher Teuerung erfolgte, explodierten die Mieten stärker als heute. Auf Bundesebene wurden Massnahmen ergriffen, vor allem um die Spekulation zu bekämpfen. Diese Massnahmen zeigten Früchte: Ende der 1990er-Jahre begannen die Hypothekarzinsen wieder zu sinken, Gleiches geschah bei vielen Mietverhältnissen.

Die heutige Situation ist sicher nicht mit den damaligen Verhältnissen vergleichbar. Für einen Teil der Bevölkerung ist es heute unter Umständen schwieriger, eine geeignete Wohnung zu finden. Tatsache ist aber auch, dass die Nettowohnkosten im Vergleich zu früher heute einen nicht wesentlich höheren Anteil am Haushaltseinkommen ausmachen. Gestiegen sind hingegen die Wohnnebenkosten, auf welche die Vermietenden aber keinen Einfluss haben. Wesentlich höher sind derzeit die Strom-, Wasser- und Gas- beziehungsweise Fernwärmekosten. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Umstand in Politik und Medien wenig thematisiert wird und man die Vermietenden für die hohen Wohnkosten verantwortlich macht.

Der HEV Basel-Stadt war stets bestrebt, trotz unterschiedlicher Sichtweise ein konstruktives Verhältnis zum Mieterverband zu pflegen. Das zeigt sich unter anderem am Basler Mietvertrag, der seit Jahrzehnten paritätisch herausgegeben wird und im Vergleich zu herkömmlichen Mietverträgen einige mieterfreundliche Bestimmungen enthält. Während der Coronajahre gleiste man zusammen mit dem Mieterverband das «DreiDrittel-Paket» auf und empfahl den Vermietenden von Geschäftsräumlichkeiten, auf einen Drittel der Mietzinseinnahmen zu verzichten. Wir wissen von einigen Vermietenden, die den Mieterinnen und Mietern darüber hinaus entgegengekommen sind, auch im Bereich der Wohnungsmiete.

Der soziale Friede unter den Vermietenden und Mietenden ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Das gelingt aber nur, wenn die Diskussionen versachlicht werden und man damit aufhört, die Vermietenden über einen Leisten zu schlagen und immer von Neuem zu verteufeln.